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Individuelle & professionelle Tierernährungsberatung für Dich und Deinen Liebling

Veterinäre und Barf

Zu Beginn sei gesagt: Hier bewege ich mich auf schwierigem Terrain.

Barf ist in großen Teilen der tiermedizinischen Welt verpöhnt. Sei es wegen der vermeintlichen Proteinüberdeckung, hausgemachten Nährstoffmängeln, Belastung mit Erregern oder sonstigem.

Ich selbst bin nur tiermedizinsche Fachangestellte, keine Tierärztin. Jedoch habe und absolviere ich einige Aus- und Weiterbildungen, die mich weiter qualifizieren.

Eine Tierernährungsberatung sollte stets durch Fachpersonal durchgeführt werden. "Normale" Kleintierärzte haben in den meisten Fällen keine Zusatzausbildungen oder Fortbildungen zu diesem Thema, falls doch, sind es idR Fortbildungen die von Fertigfuttermittel-Herstellern finanziert werden. Zudem fehlt es in vielen Richtungen an Studien zu Barf oder auch selbstgekochten Rationen. Ob man mehrfach zertifizierte Tierernährungsberater*innen ohne Studium der Veterinärmedizin als Fachpersonal betrachtet, sei jedem selbst überlassen. Ich persönlich würde qualifizierte Kolleg*innen und mich eingeschlossen schon als solches bezeichnen.

Hier liegt der Fokus aber auf "qualifiziert". Tierernährungsberatung ist kein geschützter Begriff, jeder kann sich so nennen. Daher ist auf die Qualität der Aus- und Fortbildungen zu achten, mehr dazu hier:  Wie finde ich eine passende Beratung?

Solltest Du eine Beratung durch Tierärzt*innen vorziehen, achte bitte darauf, dass eine passende Zusatzqualifikation oder sogar ein Fachtierarzttitel in Diätetik vorliegt.

Doch dieser Artikel soll versuchen sich mit der Problematik zwischen Barf und Tiermedizin auseinanderzusetzen.


Selbstverständlich bin ich gerne bereit mich mit Deinem behandelnden Tierarzt oder Tierärztin zu besprechen und auseinanderzusetzen, um mögliche Zweifel aus der Welt zu räumen. Vor allem bei erkrankten Tieren ist eine enge Zusammenarbeit mit der Tierarztpraxis unerlässlich. Gerne stelle ich zu erstellten Rationen auch jederzeit eine Berechnung der enthaltenen Nährwerte zu Verfügung, die von Deiner Praxis betrachtet werden kann. Beachte jedoch, dass sowohl ich als auch Dein Tierarzt/Tierärztin in den meisten Fällen die Zeit kostenpflichtig berechnen muss, die für solche Besprechungen anfällt.


Erregerbelastung

Wie schon in anderen Artikeln erwähnt, ist das Thema der Erregerbelastung von Rohfleischprodukten nicht zu missachten. Es ist Fakt, dass Lebensmittel mit diversen Erregern belastet sein können. Jedoch sollte man im Hinterkopf behalten, dass wir hier immer mit Nährmitteln arbeiten, die in der Theorie denselben hohen Standards unterliegen wie es auch Fleisch und Weiteres für den menschlichen Verzehr tut. An dieser Stelle wichtig zu erwähnen: Fleisch, dass für den Rohverzehr von Menschen gedacht ist (zB Thüringer Mett) unterliegt noch einmal deutlich strengeren Kontrollen. Für abgepacktes oder gefrorenes rohes Hähnchenfleisch beispielsweise sprechen wir aber von denselben Voraussetzungen.

Die Erregerbelastung ist für unsere Tiere idR kein Problem, solange sie gesund sind und ein intaktes Immunsystem haben. Ist dies nicht der Fall, empfehle ich gekochte Rationen. Vor allem die berühmten Salmonellen stellen für die meisten gesunden Tiere kein Problem dar. Zudem ist die Belastung bei eingehaltener Lebensmittelhygiene meist verschwindend gering.

Umso wichtiger ist jedoch unser Umang als Mensch mit potentiell infektiösen Nährmitteln, da wir emfpindlicher auf bspw. Salmonellen aber auch andere Erreger wie Toxoplasmen reagieren.

Die Lebensmittelhygiene ist in meinen erklärenden PDFs zu jeder Ration weiter aufgeschlüsselt. Letztlich herrschen hier jedoch dieselben Anforderungen wie für Fleisch für den menschlichen Verzehr. Nicht zu oft auftauen und einfrieren, niemals vakuumiert auftauen, gut verschlossen lagern, bei fragwürdigem Aussehen und/oder Geruch lieber verwerfen, genutzte Messer und Schneidebretter ordentlich heiß abwaschen, bestenfalls getrennte Küchenutensilien verwenden, keine porösen Schneidebretter verwenden, Hände vor und nach Kontakt mit Fleisch gut waschen, ggf. Handschuhe tragen und so weiter.

Auch ein wichtiger Punkt: Rohes Fleisch bitte NICHT abwaschen! Das Waschen reinigt das Fleisch nicht wirklich und schleudert die Erreger inkl. perfekter Feuchtigkeit in die Umgebungsluft, wo sie von uns eingeatmet werden können. Bessere Infektionsvorraussetzungen als solche Aerosole gibt es kaum.

Bei immunsuppressierten Tieren aber vor allem auch bei immunsuppressierten Halter*innen oder Familienmitgliedern empfehle ich gekochte Rationen bzw. kläre über das höhere Risiko auf. Ein Beispiel ist eine bestehende Schwangerschaft (v.a. wegen Toxoplasmose, vorkommend in rohem Fleisch, Katzenkot, Erde) oder sehr kleine Kinder im Haushalt. Ich habe unter eingehaltenen Hygienebedingungen auch in meiner Schwangerschaft weiter gebarft, nachdem ich es erst mit Feuchtfutter versucht hatte. Haku verträgt leider absolut kein Dosenfutter, daher gabs wieder Barf. Auch jetzt mit Baby/Kleinkind barfen wir weiter. Jedoch stets mit gutem Händewaschen und Desinfizieren, das Futter wird nur verschlossen gelagert, immer schonend aufgetaut und es gibt keinen direkten Kontakt unsererseits zum Fleisch. Ein Restrisiko bleibt aber natürlich immer. Zum Kochen bin ich ehrlich gesagt auch schlicht zu faul :D ganz abgesehen davon, dass meine vier Tiger es ungern fressen, wenn es nicht roh ist. Sie sind einfach nichts anderes gewohnt.

Doch auch Fertigfutter bleibt nicht von Erregerbelastung verschont, vor allem Trockenfutter und Trockenkauartikel sind bedenklich oft mit Salmonellen belastet. Das ist vielen Halter*innen und Tiermediziner*innen nicht bewusst oder wird ignoriert. Daher gilt auch hier: Nach Kontakt immer gut die Hände waschen und bitte nicht ins Gesicht fassen, wenn man beim Gassigehen alle 20min in die Leckerli-Tasche greift.

Multiresistente Erreger, die leider immer mehr werden, sind ein Thema für sich. Mehr dazu hier:  Multiresistente Erreger & Barf

Auch exessives Kuscheln oder Belecken lassen kann eine Gefahr darstellen. Das ist aber auch bei nicht-gebarften Tieren der Fall, wenn man immunsuppressiert ist. Gerade bei Hunden die draußen viel "Zeitung lesen" oder Freigängerkatzen ist die Erregerlast nicht zu unterschätzen und allgegenwärtig. Jeglicher Tierkontakt birgt immer die Gefahr einer Zoonose (Krankheit von Tier zu Mensch übertragbar). Aber wir als Tierhalter*innen gehen dieses Risiko einfach gern ein.

Bei Erkrankungen des Menschen sollte mit dem Arzt besprochen werden, ob Tier- oder Rohfleischkontakt ein möglicher Auslöser sein kann.


Nährstoffdeckung

Ich nehme direkt einmal die Illusion: Leider sind auch nicht alle Fertigfuttermittel bzw. Alleinfuttermittel deckend. Rechtlich gesehen müssen Fertigfuttermittel, die als sogenannte Alleinfuttermittel deklariert sind, den nötigen Nährstoffbedarf adäquat decken. Tatsächlich ist dies aber leider nicht immer der Fall. Da geht es von dem Nicht-Beachten der Kochverluste bei Dosenfutter bis hin zu Fertigbarfmischungen ohne Iodquelle, die sich trotzdem als Alleinfuttermittel bezeichnen.

Doch es ist kein Geheimnis: Barf und selbsterstellte Rationen wollen und müssen gut durchdacht sein, damit sie deckend sind. Ich erwähne hier das Kupfer-, Zink- und Mangan-Problem, das so häufig propagiert wird, extra nicht, dazu gibt es hier einen gesonderten Artikel:  Das Zink-, Mangan- & Kupferproblem

Weitere kritische Nährstoffe sind Iod, Calcium, Phosphor, Vitamin A, Vitamin D, bei Kochrationen die B-Vitamine, Energie, Fett, Proteine und bei Katzen und vereinzelten Hunden Taurin. Je nach Erkrankung erweitert sich diese Liste.

Der Hauptnährstofflieferant in einer Barf-Ration sind die Innereien. Roh enthalten sie fast alles, was benötigt wird. Weiterhin ist der Knochen- und Fleischanteil für die Versorgung mit Calcium, Phosphor und Aminosäuren verantwortlich. Als Vitamin A Quelle ist Leber oder Lebertran unerlässlich, Vitamin D kann über Vitamin D haltige Fischsorten oder ebenfalls Lebertran gegeben werden. Rohes Eigelb ist ebenfalls eine Nährstoffbombe.

Wird einer dieser Grundbausteine nicht gegeben, muss er adäquat ersetzt werden. Knochen über Knochenmehl oder Calciumpräparate (Vorsicht, Calcium-Phosphor-Verhältnis), Innereien über Vitamin- und Mineralstoffersatzpräparate, Seealgenmehl oder eine andere Iodquelle muss immer hinzugegeben werden. Exkurs: Fisch in der Ration ersetzt KEINE adäquate Versorgung mit Seealgenmehl oder anderen Iodpräparaten. Selbst eine Ration mit nur Fisch und keinem Muskelfleisch enthält nicht genügend Iod zur Bedarfsdeckung.

Tierärzt*innen sehen in ihren Praxen oft fehlgeschlagene Barfversuche mit mangelnder Deckung.  Oft sind das Fälle, in denen Besitzer*innen irgendwelche wahllosen Barf-Fertigmixe ohne Zusätze füttern oder auch nur rohes Hack mit etwas Karotte geben. Bei gesunden Tieren kommt erfolgreiches Barfen oft gar nicht zur Sprache, auch, weil Tierhalter*innen von Tierarzt oder Tierärztin nicht verurteilt werden wollen oder sich Diskussionen ersparen.

Viele Tierärzt*innen sehen das Problem auch in der mangelnden Überwachungsmöglichkeit. Leider gibt es für die allermeisten Nährstoffe keine zuverlässigen Bestimmungsmöglichkeiten der Versorgung, auch wenn sogenannte Barf-Profile das suggerieren. Sie zeigen tatsächliche Mängel zu spät oder gar nicht an oder zeigen Mängel, wo gar keine sind. Mehr dazu hier:  Barf-Profile - Sinn oder Unsinn?

Doch leider sind wie oben erwähnt auch Fertigfuttermittel nicht immer perfekt deckend. Auch hier machen Bestimmungen der Nährstoffversorgung im Blut keinen Sinn aufgrund der mangelnden Aussagekraft. Vielen Tierärzt*innen und Halter*innen ist das leider nicht bewusst. Je nach Kooperationswille der Hersteller kann ich ein Fertigfutter aber gern auf seine Nährstoffdeckung für Dich überprüfen. Die Voraussetzung ist hier aber, dass der Hersteller ausreichende Werte zum Nährstoffgehalt des Futters zur Verfügung stellt, einige tun das auf Anfrage.

Generell sind Nährstoffmängel eine gefährliche Sache, die zu ernsthaften, chronischen und auch teils unheilbaren Erkrankungen führen kann. Daher sollte die Nährstoffdeckung stets gegeben sein. Sind erstmal Mängel vorhanden und werden sichtbar, hat es meist schon irreversible Schäden gegeben. Der Hunde- und Katzenkörper zeigt uns das leider erst recht spät.


Proteinüberversorgung

folgt :)